Die amerikanische Schriftstellerin Edith Wharton (1862 - 1937) hat in den letzten Jahren im deutschen Sprachraum eine eigentliche Renaissance erfahren, viele ihrer Romane und Erzählungen sind neu übersetzt und herausgegeben worden sind. Ihr Italienbuch ist eine Liebeserklärung einer grossen Schriftstellerin an dieses klassische Reiseland. Lady Pendolo, wie Henry James Edith Wharton wegen ihres ständigen Kommens und Gehens zwischen der alten und neuen Welt um die Jahrhundertwende nannte, hielt sich häufig in Italien auf und erforschte mit dem Zug, mit der Kutsche und schliesslich, nach 1904, mit dem Automobil die verborgensten Winkel dieses Landes. In ihren Reiseberichten paart sich der kunstgeschichtlich geschulte Kennerblick mit dem souveränen Stil einer grossen Dichterin. Beschreibungen einzelner Kunstwerke und Bauten wechseln ab mit originellen Betrachtungen zu den übergreifenden Linien der italienischen Kunstgeschichte und mit herrlichen Landschaftsschilderungen. Edith Whartons Texte haben auch für den heutigen Leser nichts von ihrem Reiz verloren. Schon spürbar ist das Spannungsfeld zwischen Individualtourismus der Bildungsreisenden und Massentourismus, aber in Dimensionen, die uns neidvoll und amüsiert in jene Zeit zurückblicken lassen, als allmählich von der Postkutsche auf das Auto als Reisemittel umgestiegen wurde. Die Wunden des zwanzigsten Jahrhunderts sind im Italien dieses Buches noch nicht geschlagen, und mit Wehmut stellt man deshalb fest, dass Edith Whartons Reisebilder auch eine Reminiszens an ein Itlalien sind, das es nicht mehr gibt.

Erscheinungsjahr: 1998
Umfang: 192 Seiten
Format: 13 x 20.5 cm